Nein zum bisherigen Umbauprozess der Kirche durch die EKD Im Umfeld des 73. Deutschen Pfarrertages in Worms unter dem Motto „Manchmal musst Du Nein sagen können“ traf sich der Verein Wort-Meldungen e.V. und verfasste zur aktuellen kirchlichen Lage das Wormser Wort.Sie können Ihre Zustimmung dazu per E-Mail an info@wort-meldungen.de kundtun. Ihre Antwort wird vertraulich behandelt. Mit der Kommentarfunktion können Sie auch öffentlich auf der entsprechenden Seite von Wortmeldungen Position beziehen. Je mehr Zustimmung das Wort erfährt, um so mehr Gewicht wird es erhalten. Der Verein Wort-Meldungen bittet um weite Verbreitung und intensive Diskussion. 1. Der Reformprozess ist ein Um- und Abbauprozess„Kirche der Freiheit“ wurde 2006 von der EKD als Reformprogramm eingeführt. Tatsächlich handelt es um einen tiefgreifenden Umbau: die evangelischen Kirchen werden hierarchisiert, zentralisiert, bürokratisiert, ökonomisiert. Sie verlieren ihren Kern. Die Flut der seitdem gleichzeitig in Gang gesetzten „Jahrhundertprojekte“ Doppik/NKF, Fusionen auf allen Ebenen, Kompetenzverlagerungen von der Basis auf die Mittlere Ebene und der Zentralisierung führte zu einer bis dahin unbekannten Selbstbeschäftigung. Viel zu wenig Zeit bleibt für den eigentlichen Auftrag: der Kommunikation des Evangeliums. 2. Scheitern ist vorprogrammiertAuch aus Managementsicht sind die Umbauprozesse höchst fragwürdig. Sie basieren auf einer fragwürdigen Strategie des Gesundschrumpfens (Downsizing). Die wiederum auf einer simplifizierenden Annahme beruht: die Zahl der Kirchenmitglieder halbiere sich bis 2030, die Finanzen schrumpften auf ein Drittel. Die Fakten sprechen dagegen: Es gibt keine direkte Korrelation zwischen Mitgliederzahlen und Kirchensteueraufkommen. Die Kirchensteuereinnahmen sind langfristig gesehen bisher konstant oder sogar steigend. Aufgrund der von Langzeitprognosen abgeleiteten falschen Strategie musste der Umbauprozesss zwangsläufig in die Irre laufen. Selbst die Versprechen ökonomischer Effizienz können nicht eingehalten werden: die Ausgaben für die genannten Maßnahmen sind immens, die Wirkungen äußerst bescheiden. Die Kosten-Nutzen-Relation des Umbauprozesses ist negativ. 3. Die Mitarbeitenden werden demotiviertMotiviertes Personal war ein entscheidendes Potential der Kirche. Der Umbauprozess von „Kirche der Freiheit“ leitet den Personalabbau ein, der namentlich im Bereich von Gemeindepädagogen und PfarrerInnen schon heute, vor der Pensionierungswelle der geburtenstarken Jahrgänge, seine Wirkungen zeigt. Die Personalführung ist bedenklich: übliche Grundsätze, wie der, wonach Arbeitsaufträge so zu gestalten sind, dass sie den Mitarbeitenden erfolgreiches Arbeiten ermöglichen, werden sträflich verletzt. Die Eigenverantwortung der Mitarbeitenden wurde beschnitten, die Selbstregulierungskräfte gelähmt. Demotivation und Frust waren vorprogrammiert. Qualität und Wirksamkeit kirchlicher Arbeit haben darunter gelitten. Das schwächt die Kirchen enorm. 4. Der Mensch gerät aus dem BlickIn den letzten drei Jahrzehnten erleben wir eine zunehmende Beherrschung aller Lebensbereiche durch die Ökonomie und ihrer Gesetze. Mit den Umbauprozessen drangen sie auch in die Kirchen ein. Durch die Unterwerfung unter die Normen des „freien“ Marktes gerät aber die Arbeit der Kirche in Gefahr. Denn wo nur die Normen des heutigen „freien“, nicht aber sozialen Marktes regieren, gerät der Mensch ins Abseits. Die Verkürzung des Menschen auf seine ökonomischen Funktionen widerspricht dem christlichen Selbstverständnis. Wo bleibt der Glaube, der Lebenssinn? Wo sind die protestantischen Kirchen mit ihrer „großen Erzählung“, die Denkfreiheit ermöglicht? Der Reichtum der Kirche beruht nicht in erster Linie auf Kapital, sondern auf Gemeinsinn, Köpfen und Konzepten. 5. Die Kirche verliert ihr FundamentDie Kirche gründet im Wort Gottes. Dieses Fundament ist in Gefahr. Die Kirche lebt nicht mehr aus der Freiheit des Wortes, sondern unterwirft sich dem Gesetz und der fremden Logik des Marktdenkens und wird so zu einem Konzern. Im kirchlichen Umbauprozess wird wird die Strategie kirchlichen Handelns nicht aus einer theologischen Argumentation abgeleitet, sondern aus Algorithmen und Finanzprognosen. 6. Die Kirche verliert ihre GlaubwürdigkeitDie Reformen wurden mit hochtrabenden Versprechungen beworben. Diese haben sich in der Praxis als unhaltbar erwiesen. Mit schönen Worten wird verschleiert, mit Zahlen und mathematischen Formeln wird getrickst. So wird Transparenz beschworen, und wie im Falle des sog. „Erweiterten Solidarpakts“ Geheimhaltung praktiziert. Dadurch fühlen sich Menschen getäuscht, sowohl Mitarbeitende als auch Kirchenmitglieder. 7. Umkehr ist nötigDie Lage ist ernst. Die Mitarbeiterschaft ist enttäuscht, frustriert, demotiviert. Gut ist hingegen die wirtschaftliche Lage der Kirchen: sieben fette Jahre liegen hinter uns. Dieses Ergebnis ist aber nicht einer besonders herausragenden Arbeit geschuldet, sondern der Konjunktur. Leider wurde diese gute finanzielle Lage nicht sinnvoll genutzt: weder wurde in die Kommunikation des Evangeliums investiert, noch in eine Verwaltungsmodernisierung im Sinne einer dienenden Verwaltung.Heute müssen wir zehn Jahre Umbauprozesse beklagen, die die Kirchen geschwächt haben. Verlorenes Vertrauen muss wiedergewonnen werden. Wir brauchen ein Moratorium, um den aktuellen Status schonungslos offenzulegen und zur Besinnung zu kommen. Umkehr ist nötig.