Geplante Änderungen am PfarrdienstgesetzGeorg Hoffmann
Für den Vorstand des Gemeindebundes Die Gesetzesvorhaben, mit denen das neue Pfarrdienstgesetz der EKD in das gliedkirchliche Recht der EKBO übernommen werden soll, setzen die von Bischof Dr. Wolfgang Huber begonnene Tendenz der Schwächung von Kirchengemeinde und Gemeindepfarramt zugunsten von Hierachisierung und Episkopalisierung der Landeskirche fort. Folgende Punkte sind besonders kritisch zu sehen:1. Befristung der Übertragung von Gemeindepfarrstellen§ 12 Abs. 4 des Entwurfs des Pfarrdienstausführungsgesetzes enthält wieder die bereits jetzt geltende Befristung der Übertragung von Gemeindepfarrstellen. Diese Regelung ist verfehlt und müsste ersatzlos gestrichen werden. Das Pfarrdienstgesetz der EKD verlangt sie nicht. Sie widerspricht nicht nur der protestantischen Tradition, sondern ist auch heute noch in den meisten Landeskirchen undenkbar. Sie stellt darüber hinaus eine Gefahr für die Kirchengemeinden und ihren Auftrag dar; dafür sind zwei Gründe maßgeblich:
- Der Zeitraum von zehn Jahren ist zu kurz, als dass er einer Gemeindepfarrerin oder einem Gemeindepfarrer ermöglichte, das Vertrauen der nicht zur Kerngemeinde zählenden Gemeindeglieder oder gar Außenstehender zu gewinnen, und außerdem noch auf der Grundlage des erworbenen Vertrauens nachhaltig in der Gemeinde zu wirken. Gerade in einem eher kirchenfeindlich geprägten Umfeld, wie in der EKBO vielerorts, kommt es ganz wesentlich auf die persönliche Beziehung der Gemeindepfarrerin oder des Gemeindepfarrers zu den ihr bzw. ihm anvertrauten Menschen an. Die Bedeutung der Person, die Zeugnis vom heiligen Evangelium ablegen soll, ist entscheidend. Das Evangelium sieht in der Verkündigung eine vornehmlich personale Beziehung. Der Dienst an Wort und Sakrament unterscheidet sich hierin wesentlich von Dienstleistungsberufen, in denen es unwesentlich ist, ob die Dienste höchstpersönlich von derjenigen oder demjenigen erbracht werden, der oder dem entsprechendes Vertrauen entgegengebracht wird.
- Nach Ablauf des Zeitraumes von zehn Jahren kann nach § 79 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 des Pfarrdienstgesetzes der EKD die betreffende Gemeindepfarrerin oder der Gemeindepfarrer versetzt werden, ohne dass es auf die Zustimmung der Kirchengemeinde ankommt. Diese ist nach § 21a Abs. 2 des Entwurfs des Pfarrstellenbesetzungsgesetzes lediglich anzuhören. Damit wird der Fortbestand des wechselseitigen Verweisungsverhältnisses zwischen Pfarrerin oder Pfarrer und Gemeinde aufgrund des bloß formalen Kriteriums einer Befristung auf zehn Jahre in das freie Ermessen des Konsistoriums gestellt. Auf den Willen des Gemeindekirchenrates käme es allenfalls noch im Rahmen dieses Ermessens an. In dieser Regelung liegt ein nicht hinnehmbares Misstrauen gegen die Fähigkeit der Gemeindekirchenräte, selbst darüber entscheiden zu können, ob ein Wechsel auf der Gemeindepfarrstelle im Interesse der Gemeinde und ihres Auftrages liegt.
2. Ausschreibung von Gemeindepfarrstellen§ 1 Abs. 3 des Entwurfs des Pfarrstellenbesetzungsgesetzes sieht vor, dass der Superintendent dem Konsistorium den Text für die Ausschreibung einer Gemeindepfarrstelle mitteilt. Entgegen der früheren Rechtslage enthält der Gesetzesentwurf nicht mehr die Regelung, dass der Ausschreibungstext im Benehmen mit dem Gemeindekirchenrat zu entwerfen ist. Die geplante Neuregelung nimmt also den Gemeinden eine wesentliche Einflussnahmemöglichkeit im Besetzungsverfahren und ist deshalb als verfehlt anzusehen. 3. Keine unmittelbare Gemeindebeteiligung bei PfarrstellenbesetzungDie Beteiligung von Gemeindebeirat oder Gemeindeversammlung am Pfarrstellenbesetzungsverfahren ist im Entwurf des Pfarrstellenbesetzungsgesetzes nicht vorgesehen. Die Bewerber sollen nach § 7 Abs. 3 Satz 3 des Gesetzesentwurfs lediglich noch im Rahmen der Präsentation eine Unterredung mit dem Gemeindebeirat halten, sofern dieser gebildet ist. Eine gesetzliche Regelung, mit der sichergestellt wird, dass der Gemeindekirchenrat die Pfarrerwahl nicht ohne Berücksichtigung des Meinungsbildes im Gemeindebeirat oder in der Gemeindeversammlung vornimmt, fehlt. Der Gesetzesentwurf genügt damit nicht den Anforderungen des Art. 27 Abs. 6 der Grundordnung, wonach der Gemeindebeirat vor der Bestellung von ordinierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern anzuhören ist. Richtigerweise wäre eine Vorschrift in den Gesetzesentwurf aufzunehmen, dass der Gemeindebeirat oder, sofern ein Gemeindebeirat nicht gebildet ist, die Gemeindeversammlung nach der Präsentation der Bewerber in der Gemeinde anzuhören ist und bei dieser Anhörung der Gemeindekirchenrat in beschlussfähigem Mitgliederbestand anwesend sein muss. 4. Vorbehalte des Konsistoriums im PfarrstellenbesetzungsverfahrenSteht das Besetzungsrecht nicht dem Konsistorium zu, kann es nach § 2 Abs. 2 des Entwurfs des Pfarrstellenbesetzungsgesetzes Vorbehalte gegen Bewerber mitteilen und muss auf Wunsch angeben, ob der Vorbehalt dazu führen würde, dass die Übertragung der Pfarrstelle im Falle einer Wahl des betreffenden Bewerbers versagt werden würde. Diese Regelung lässt unbeachtet, dass es üblich und sinnvoll ist, dass das Konsistorium im Rahmen eines Besetzungsverfahrens Sachverhalte über Bewerber mitteilt, die sich möglicherweise nicht aus den Bewerbungen ergeben, aber für die Besetzung von Bedeutung sein können. Dies sollte durchaus zulässig sein, müsste jedoch den Bewerbern ebenso wie ein offizieller Vorbehalt bekanntgegeben werden, um ein willkürliches Vorgehen auszuschließen. Es sollte daher nach § 2 Abs. 2 des Entwurfs des Pfarrstellenbesetzungsgesetzes ein weiterer Absatz eingefügt werden, der folgenden Inhalt hat: „Vorbehalte des Konsistoriums und Mitteilungen von Sachverhalten zu Bewerbern durch das Konsistorium müssen schriftlich erfolgen, sind dem betroffenen Bewerber oder der betroffenen Bewerberin mitzuteilen und auf Antrag zu begründen. Bewertender Mitteilungen über Bewerber außerhalb der Form eines Vorbehaltes hat sich das Konsistorium im Pfarrstellenbesetzungsverfahren zu enthalten, sofern ihm nicht selbst das Besetzungsrecht zukommt.“ 5. OrdinationsverpflichtungDie Ordinationsverpflichtung, die § 4 Abs. 4 des Pfarrdienstgesetzes der EKD mit Öffnungsklausel für die Gliedkirchen enthält, wird mit § 1 Abs. 1 des Entwurfs des Pfarrdienstausführungsgesetzes mit dem Zusatz „gemäß meinem Bekenntnisstand“ übernommen. Dieser Zusatz ist jedoch nicht ausreichend, um in einer unierten Kirche den Bekenntnisstand als uniert, lutherisch oder reformiert klarzustellen und lässt – vom Wortlaut – auch einen ganz anderen – da letztlich nicht offengelegten – Bekenntnisstand zu. Insoweit ist das Vereinheitlichungsstreben der EKD verfehlt, und es ist eine für eine unierte Kirche passende Ordinationsverpflichtung vorzusehen. Es wäre vorzuschlagen, dass in § 1 Abs. 1 des Entwurfs des Pfarrdienstausführungsgesetzes bloß auf die geltende Agende verwiesen wird. 6. Versetzungsmöglichkeit bei geänderter StellenplanungMit § 79 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 des Pfarrdienstgesetzes der EKD wird die Versetzung einer Pfarrerin oder eines Pfarrers in das freie Ermessen der Landeskirche gestellt, wenn ihre Stelle aufgrund verbindlich beschlossener Stellenplanung aufgehoben wird oder unbesetzt sein soll. Diese Bestimmung ist in der EKBO im Zusammenhang mit Art. 42 Abs. 2 der Grundordnung zu sehen, wonach ein kreiskirchlicher Stellenplan die kirchengemeindlichen Stellenpläne ersetzen kann. Die Kreissynode hat es also im Ergebnis in der Hand, die Versetzung von Gemeindepfarrern herbeizuführen, ohne dass es auf die Zustimmung der Kirchengemeinde entscheidend ankäme. Auch dies ist im Hinblick auf die Bedeutung des Gemeindepfarramtes für die Kirchengemeinde nicht hinnehmbar und steht auch in einem Kontrast zu Art. 35 Abs. 1 der Grundordnung, wonach die Errichtung und Aufhebung von Gemeindepfarrstellen bei fehlendem gemeindlichen Einverständnis nur durch die Kirchenleitung, d.h. nicht etwa durch den Kirchenkreis, vorgenommen werden kann. Der Entwurf des Pfarrdienstausführungsgesetzes müsste daher von der Öffnungsklausel des § 79 Abs. 5 des Pfarrdienstgesetzes der EKD Gebrauch machen und die Versetzungsmöglichkeit wegen Änderung der Stellenplanung (§ 79 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3) ausschließen. Dass er dies nicht macht, ist verfehlt. 7. Versetzungsmöglichkeit wegen Änderung des DienstbereichsDie Möglichkeit der Versetzung wegen Neuordnung des Dienstbereichs (§ 79 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 des Pfarrdienstgesetzes der EKD) ist so vage, dass diese Regelung nicht in das Recht der EKBO aufgenommen werden kann. Auch insoweit hätte im Entwurf des Pfarrdienstausführungsgesetzes von der Öffnungsklausel des § 79 Abs. 5 des Pfarrdienstgesetzes der EKD ausdrücklich Gebrauch gemacht werden müssen. 8. Versetzungsmöglichkeit auf Veranlassung des Generalsuperintendenten§ 38 des Entwurfs des Pfarrdienstausführungsgesetzes enthält eine Regelung, die die Versetzung von Gemeindepfarrern auf Rat des Generalsuperintendenten nach „Fühlungnahme“ mit den Beteiligten zulässt, wenn der Gemeindepfarrer noch unbefristet, aber mindestens schon zehn Jahre lang im selben Amt ist und noch nicht das 57. Lebensjahr vollendet hat. § 81 des Pfarrdienstgesetzes der EKD enthält insoweit eine Ermächtigungsgrundlage, von der im Gesetzesentwurf Gebrauch gemacht wird. Dieser deckt sich im wesentlichen mit dem geltenden Recht. Gleichwohl ist diese Regelung verfehlt, weil sie die Versetzung von Gemeindepfarrern durch das Konsistorium gegen den Willen der Gemeinde zulässt; der Gemeindekirchenrat ist lediglich anzuhören. Es ist zu verlangen, dass die Versetzung auf Veranlassung des Generalsuperintendenten voraussetzt, dass dieser willkürfrei vom Vorliegen der Voraussetzungen des § 80 Abs. 1 des Pfarrdienstgesetzes der EKD ausgeht. § 38 Abs. 3 Satz 2 des Entwurfs des Pfarrdienstausführungsgesetzes ist also um folgenden Halbsatz zu erweitern: „wenn der Generalsuperintendent oder die Generalsuperintendentin willkürfrei vom Vorliegen der Voraussetzungen des § 80 Abs. 1 des Pfarrdienstgesetzes der EKD ausgeht.“ Georg Hoffmann
Für den Vorstand des Gemeindebundes